FRAUENRECHTE IN DER VOR ISLAMISCHEN ZEIT – TEIL 1
Die „islamische Zivilisation“ entwickelte ein Geschichtskonstrukt, das die vorislamische Zeit, als das „Zeitalter der Unwissenheit“ bezeichnete und den Islam als die einzige Quelle für alles Zivilisierte propagierte und dieses Konstrukt so effektiv in seine Neuschreibung der Geschichte einbezog, dass den Völker im Nahen Osten alles Wissen über die vergangenen Zivilisationen der Region verloren gingen. Offensichtlich war dieses Konstrukt ideologisch brauchbar und verbarg unter anderem erfolgreich die Tatsache, dass Frauen in einigen Kulturen des Nahen Ostens vor dem Aufstieg des Islam erheblich besser gestellt waren als danach.
Wenn man versucht, den „Status von Frauen im Islam“ zu googeln, wird man überraschenderweise Millionen von Ergebnisse erhalten. Eine schwierigere Aufgabe ist es herauszufinden, wie Frauen in den letzten 14 Jahrhunderten (genauer gesagt von Männern) in der islamischen Literatur diskutiert wurden. Die Worte „Stellung der Frau im Islam“ erscheinen erst im frühen 20. Jahrhundert. Davor schrieben islamische Gelehrte über die „Pflichten einer muslimischen Frau“ oder „Die Rolle der muslimischen Frau“.
Diese frühen Gelehrten, Schriftsteller und Historiker zeigten dennoch oft anhand historischer Beispiele, wie sich muslimische Frauen nicht wie die Frauen aus „vorislamischer Zeit“ (vorislamische Zeit der Ignoranz oder auch Jahaliya) verhalten sollten . Als zum Beispiel ein paar Jahre nach dem Tod des Propheten Mohammed, eine junge Muslimin mit ihrem männlichen Sklaven zu schlafen begann, sagte sie: „Ich dachte, dass der Besitz durch „die rechte Hand“ (Sklave) mir erlaubt sei, was es den Männern rechtmäßig erlaubt ist“. Umar Ibn Khattab, der zweite Khalif, der die Angelegenheit beurteilte, tadelte sie streng und verkündete, dass sie „in Ignoranz“ gehandelt habe (d.h. wie die Frauen in der vorislamischer Zeit) und absichtlich die Botschaft des Koran falsch interpretiert hat. Mit anderen Worten, der Koran macht den Frauen nicht recht, was er den Männern erlaubt, ihre Rechte sind nicht gleich. Dann verbot er ihr, jemals einen freien Mann zu heiraten (Quelle: Musannaf von’Abd al-Razzaq al-Sanani). Dieser Vorfall wurde von frühen Gelehrten aufgezeichnet und verwendet, um zu zeigen, dass die vorislamischen Frauen bei der Ausübung ihrer sexuellen Unabhängigkeit und Freiheit falsch lagen und dass sie dem islamischen Modell der patriarchalen Ehe zu folgen hatten.
Fast elf Jahrhunderte lang wurden viele Teile der Welt, die einst von Muslimen kolonisiert wurden (welche die muslimischen Erzählungen über Frauen im Islam in diesen Jahrhunderten prägten), später von den Europäern kolonisiert, welche die Muslime für ihre Rückständigkeit und Abschottung der Frauen verachteten. Dies war eine Zeit, in der muslimische Gelehrte der Welt dringend zeigen mussten, dass der Islam tatsächlich den Status von Frauen erhöhte. Es gab einen Wechsel und zwar weg von einem autoritären Ton gegenüber den muslimischen Frauen, der in der allgemeinen schiitischen und sunnitischen Lehrmeinung, den muslimischen Frauen diktierte, wie sie sich zu verhalten hätten und wie sie ihren Ehemännern gehorchen sollten.
Und die Beteuerung der späteren Gelehrten, und die angeführten Ausreden für die Behandlung von Frauen durch den Islam, indem sie behaupteten, dass Frauen aus der vorislamischer Zeit nur eine„bloße Sache“ gewesen seien und der Koran für die muslimische Frau offenbart wurde, sie von der düsteren Ungerechtigkeit der vorislamischen Dunkelheit zu befreien, schuf eine neue Literatur zur „Stellung der Frau im Islam“
Diese letzteren politisch geprägten Erzählungen lesen und benutzen die Muslime um zu zeigen, dass der Islam das Leben muslimischer Frauen verbesserte. Daher musste eine Parallelgeschichte von Frauen in vorislamischer Zeit geschaffen werden, in der Frauen wie Sklaven oder Eigentum behandelt wurden. Ihre persönliche Zustimmung zu allem, was mit ihrem Wohlergehen zusammenhing, wurde angeblich in einem solchen Ausmaß als unwichtig und unnötig angesehen, dass sie niemals als Partei eines Ehevertrages behandelt wurden. Sie hatten keine Unabhängigkeit, konnten kein Eigentum besitzen und durften nicht erben. In Kriegszeiten wurden Frauen als Teil der Beute behandelt. Einfach ausgedrückt, ihre Notlage war unaussprechlich und die Praxis weibliche Kinder zu töten, war angeblich weit verbreitet.
Diese Erzählungen deckten nicht nur angeblich die „Not der Frauen“ in Arabien vor dem Entstehen des Islam, sondern rechtfertigte auch die Invasion in andere Länder durch die Muslime, indem sie die neuen islamischen Gesetzes zum „Schutze der Frau“ installierten. Dieses „gerechte System“ brachte tiefe Veränderungen für die arabische Gesellschaft im Allgemeinen und für die Frauen im Besonderen.
GESCHICHTE DER VOR ISLAMISCHEN FRAUEN
In jüngerer Zeit haben muslimische Kritiker und Frauen begonnen, das Leben von Frauen im vorislamischen Arabien zu erforschen. Das ist keine leichte Aufgabe, denn als die Muslime aus Medina ausschwärmten, zerstörten sie kategorisch die alten Lebensformen, die Tempel, heidnische Poesie auf Tierfellen, Götter- und Göttinnenideale usw. und die islamische Geschichte hat praktisch keine Aufzeichnungen von Frauen aus der vor islamischen Epoche. Das wenige was wir wissen, sind Berichte in den islamischen Texte die erzählt werden, um die neue Ordnung zu etablieren, und ein paar archäologische Funde. Das Ergebnis ist, dass wir Pamphlete, Weblinks und Bücher haben, die Predigen, dass „der Islam wirklich Frauen befreit habe“, während es keine Rechtfertigung für die Existenz von solchen Frauen wie Khadija bint Khuwalid(1 -2), Hind bint Utbah(3), Asma Bint Marwan(4), Lubna bint Hajar(5), Arwa Umm Jamil(6)und anderen gibt, die Unabhängig, stark und Frei lebten, wenn der allgemeine Zustand der arabischen Frauen, angeblich nicht mehr als nur eine Frage der „bloßen Sache“ war.
Wenn man alle verfügbaren Quellen liest, kann man sehen, dass das Leben von Männer und Frauen vor dem Islam davon abhing, welchem Stamm sie angehörten. Der Islam hat ein umfassendes Gesetz erlassen, und während einige Frauen unter dem islamischen Recht möglicherweise mehr Rechte genossen haben, ist es dennoch wichtig zu verstehen, dass die Rechte anderer stark eingeschränkt wurden. Das daraus resultierende Bild ist das einer zutiefst patriarchalischen Form des religiösen Rechts und nicht eines, das ausgewogener, gerechter und gleicher Natur gewesen wäre.
Darüber hinaus kann argumentiert werden, dass der „Status“ der Frauen im Islam auch nicht gleich ist. Die islamische Rechtswissenschaft unterstützt das Klassendenken und der Koran unterscheidet zwischen freien und versklavten(7) Frauen.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie der Islam die Gleichberechtigung der Geschlechter auf der Grundlage der bereits in vorislamischer Zeit verfügbaren Praxis hätte etablieren können. Dass Frauen in der vorislamischen Zeit daran gewöhnt waren, gleichberechtigt mit Männern behandelt zu werden, lässt sich daran erkennen, dass einige angesehene Frauen vor ihren Ehemännern zum Islam konvertierten, was als eine Demonstration der Anerkennung ihrer Fähigkeit zu unabhängigem Handeln demonstriert. Dies zeigt die Souveränität vorislamischer Frauen, die niemals in der Lage gewesen wären, unabhängig ohne der Erlaubnis ihrer männlichen Verwandten zu konvertieren, wenn ihr unabhängiger Status nicht bereits festgestellt gewesen wäre.
HEIRATEN IM ISLAM
Ich möchte hier mehrere Beispiele anführen, um zu verdeutlichen, dass das islamische Recht zwar „Abstammung durch die männliche Linie“ vorschreibt, das aber auch das vorislamische Arabien „erbfolgetechnische Vereinbarungen“ anerkannte, die es den Frauen erlaubten zu wählen, mit wem sie heiraten und Kinder haben wollten. Muslime behaupten, dass „der Islam den Frauen das Recht gebe, ihren Ehemann zu wählen“, aber es gibt Fälle, in denen muslimische Mädchen von ihren Vormündern / Vätern verheiratet wurden. Beispiele dafür sind: Aisha(8) wurde als Kind mit Mohammed verheiratet (vermutlich sogar ohne ihr Wissen ), Al-Musayyab ibn Najaba(9) gab seine neugeborene Tochter zu seinem Cousin. Mohammed arrangierte für seine Cousine, Zainab bint Jash(10)(offenbar gegen ihren Willen, siehe Offenbarung 33:36 und siehe Tafsir al Jalalayn), eine Heirat mit seinem Adoptivsohn Zayd ibn Harithah(11), die später sogar scheiterte und von Mohammed geschieden wurde. So sehen wir, dass allgemein, wenn männliche Vormünder in der vorislamischen Zeit Frauen heirateten, die Praxis nicht mit dem Kommen des Islam endete.
Wir sehen auch, dass das islamische Gesetz(die Sharia) es für eine Frau (ob jungfräulich oder vorher schon mal verheiratet) notwendig macht, dass ein männlicher Vormund sie in die Ehe entläßt, zum Beispiel erfahren wir, dass Mohammed, als er Umm Salamah(12)heiratete, sie war eine „ältere Witwe“, dass sie von ihrem Sohn Salamah mit dem Propheten verheiratet wurde (Quelle: Ibn Hisham, S. 793). Auf der anderen Seite wurden die vorislamischen Formen des Zusammenkommens, von denen einige den Frauen in einer Ehe Autorität verliehen, durch die nachteilige patriarchalische Ordnung des Islam ersetzt.
SCHEIDUNG IM ISLAM
Ein anderer Bereich, in dem der Islam das Machtgleichgewicht zwischen Männern und Frauen negativ veränderte, ist die Scheidung. Während Männer generell das Recht hatten, Frauen in vorislamischer Zeit zu scheiden, gibt es auch Aufzeichnungen, die darauf hindeuten, dass Frauen ihre Ehemänner gleichberechtigt aus der Ehe entlassen haben:
Es wird von den Chronisten überliefert, das die Frauen in der vorislamischen Zeit oder einige von ihnen das Recht hatten, ihre Ehemänner zu scheiden. Die Form der Entlassung war folgendermaßen: Wenn sie gemeinsam in einem Zelt wohnten, drehten sie(die Frau) es um, so daß, wenn die Tür nach Osten gerichtet war, es nun nach Westen ausgerichtet war, und als der Mann dies sah, wußte er, daß er geschieden wurde und nicht mehr in das Zelt hineinging.
Der obige Bericht weist die Behauptung zurück, dass es der Islam es war, der Frauen das Recht auf Scheidung gab, was auch sachlich falsch ist, da eine muslimische Frau ihren Ehemann nicht scheiden lassen kann, sondern sich von ihm die Erlaubnis zur Scheidung holen muss. Eine Option der Gleichheit wäre gewesen, „Scheidung durch ein Schiedsgericht“(13) zum Gesetz für Männer und Frauen zu machen. Stattdessen haben Männer das volle Recht, eine Ehefrau unabhängig voneinander zu entlassen, sogar durch bloße mündliche Verkündung, während eine Frau ihren Ehemann „um eine Scheidung bitten muss“.
Der Islam schränkte das Scheidungsrecht der Frauen weiter ein, indem es nur dem Ehemann überlassen wurde, über die Scheidung zu entscheiden. Obwohl die Praxis des Scheidungsabbruchs in den muslimischen Ländern bis heute fortbesteht, garantiert sie der Frau nicht mehr eine einseitige Scheidung. Der Ehemann hat das volle Recht, die Scheidungsanfrage der Ehegattin abzulehnen, auch wenn die Ehefrau bereit ist, auf ihre Brautgabe zu verzichten. Nur sehr begrenzte Umstände (wie das Verschwinden eines Mannes über vier Jahre oder extreme körperliche Missbildungen, die zu sexueller Impotenz führen) berechtigen eine Ehefrau, einen islamischen Richter um eine Scheidung zu bitten. Die endgültige Entscheidung bleibt jedoch dem Richter überlassen und nicht einmal hier, kann eine Frau für sich selbst die Scheidung einfordern..
Diese Diskrepanz und Ungerechtigkeit ist noch nie so deutlich wie in der modernen Zeit geworden, wo sich muslimische Männer per SMS von ihren Frauen durch das dreimalige Aussprechen des „Talaq“ verabschieden können, während muslimische Frauen jahrelang auf eine Scheidung warten müssen. Ohne Zweifel war der vorislamische symbolische Richtungswechsel des Zeltes, die bessere Option für die Frau, als die „Gerechtigkeit des koranischen Hukum(Gesetzes).
QUELLENANGABE:
- Khadija bint Khuwaylid – Shia Version
- Khadija bint Khuwaylid – Sunni Version
- Hind Bint Utbah
- Asma bint Marwan
- Lubna bin Haja
- Umm Jamil
- Erklärung der Sklaverei – Englisch
- Aisha Tochter von Abu Bakr
- Saʿīd ibn al-Musaiyab
- Zainab bint Jash
- Zaid ibn Haritha
- Umm Salamah – Englisch
- Scheidungsgesetze – Sunni Version
ENDE TEIL 1
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